Foto © Unsplash / Kevin Liang
Einleitung
Das Bett mit deinem Baby zu teilen – gemeinhin Bed‑Sharing oder Co‑Sleeping genannt –
ist so alt wie die Elternschaft selbst. Weltweit schlafen Eltern seit jeher neben ihren Säuglingen,
um Wärme, Bindung und unkompliziertes nächtliches Stillen zu ermöglichen.
In vielen westlichen Ländern wurde diese Praxis jedoch durch Ängste vor dem plötzlichen Kindstod (SIDS)
und versehentlicher Erstickung überschattet. Diese Ängste sind verständlich, führten aber mancherorts
zu pauschalem Niemals im gleichen Bett schlafen
– eine Empfehlung, die den Alltag kaum abbildet:
Umfragen zeigen, dass die meisten britischen Eltern zumindest gelegentlich – gewollt oder nicht –
das Bett mit ihrem Baby teilen.
Die Debatte verschiebt sich. Heute setzen Institutionen wie der NHS,
die UNICEF UK Baby Friendly Initiative und Stiftungen wie
The Lullaby Trust auf Schadensminimierung:
Wenn Eltern ohnehin bed‑sharen (und viele tun es), lernen sie besser,
wann und wie es sicher geht. Wie Professorin Helen Ball von der Durham University erklärt,
sinkt das Risiko dramatisch, sobald bekannte Gefahren ausgeschlossen sind.
Kurz gesagt: Bed‑Sharing kann sicher und sogar vorteilhaft sein – vorausgesetzt,
es geschieht unter den richtigen Bedingungen.
Wandelnde Einstellungen im Vereinigten Königreich und Europa
Vereinigtes Königreich – Die aktuellen NHS‑Leitlinien verbieten Bed‑Sharing nicht mehr grundsätzlich.
Stattdessen nennen sie klare Situationen, wann man es lassen sollte
(bei Rauchen, Alkohol‑ oder Drogenkonsum, extremer Müdigkeit, Früh‑ oder
untergewichtig geborenen Babys) und erklären Risikominimierung in allen anderen Fällen.
Die Kampagne Safer Sleep Week 2023 griff dies auf und förderte offene,
nicht wertende Gespräche zwischen Fachpersonal und Eltern.
Deutschland & Frankreich – Die nationalen kinderärztlichen Fachgesellschaften empfehlen weiterhin,
dass Babys im Elternzimmer, aber im eigenen Bett schlafen. Ihre Publikationen erkennen jedoch
verbreitetes Bed‑Sharing an und veröffentlichen strenge Sicherheitskriterien statt zu schweigen.
Schweden & Niederlande – Öffentliche Gesundheitsinformationen verfolgen eine pragmatische Linie:
Bed‑Sharing ist häufig, also Konzentration auf das Eliminieren von Rauchen, Alkohol, weichen Matratzen
und Sofa‑Schlaf. In Schweden ist Room‑Sharing für die ersten sechs Monate Standardempfehlung;
Bed‑Sharing wird als elterliche Entscheidung statt als Tabu behandelt.
Warum entscheiden sich Eltern fürs Bed‑Sharing?
Foto © Unsplash / Leighann Blackwood
- Einfacheres nächtliches Stillen & mehr elterlicher Schlaf.
Stillende Mütter können im Halbschlaf anlegen, statt ständig aufzustehen –
besserer Gesamtschlaf für alle. - Bindung und emotionale Sicherheit.
Haut‑zu‑Haut‑Nähe stabilisiert Herzschlag und Temperatur des Babys,
senkt Stresshormone und fördert sichere Bindung. - Schnelle Reaktion bei Unruhe.
Rührt sich das Baby, kann ein Elternteil beruhigen oder stillen,
bevor es richtig weint – längere Wachphasen werden oft verhindert. - Kulturelle Tradition.
Von Japan bis Indien sind Familienbetten normal; Kinder wechseln meist von selbst ins eigene Bett, wenn sie bereit sind.
Sicherheitsbedenken unter der Lupe
Plötzlicher Kindstod (SIDS)
Meta‑Analysen zeigen, dass das SIDS‑Risiko stark vom Kontext abhängt.
Es ist am höchsten, wenn Eltern rauchen, Alkohol oder sedierende Drogen konsumieren
oder mit dem Baby auf einem Sofa einschlafen.
Studien finden hingegen kaum zusätzliches Risiko für ein gestilltes Baby,
das mit nüchternen, nicht rauchenden Eltern ein festes Bett teilt.
Stillen selbst schützt vor SIDS, und Stillen und Bed‑Sharing verstärken sich gegenseitig.
Erstickung und Overlaying
Videostudien von bewusst bed‑sharenden Familien (besonders stillenden Müttern) zeigen
eine konstante Cuddle‑Curl
-Position, die einen Schutzraum um das Kind bildet.
Wahre Overlay‑Todesfälle sind in dieser nüchternen, festen Matratzen‑Umgebung extrem selten;
die meisten Fälle betreffen Sofas, Sessel, Alkohol oder starke Drogen.
Sichere Bed‑Sharing‑Richtlinien für Säuglinge
Foto © Unsplash / Getty Images
- Feste, flache Matratze verwenden. Keine weichen Topper, Wasserbetten oder Sofas.
- Spalten und Lücken vermeiden. Matratze muss bündig an Wand oder Kopfteil anliegen;
viele Familien legen die Matratze auf den Boden, um Stürze zu verhindern. - Kissen und Decken vom Baby fernhalten. Für das Baby einen leichten Schlafsack
oder eine dünne Decke; Erwachsenenbettzeug nur bis zur Taille. - Rückenlage – jedes Mal. Baby auf den Rücken legen; sobald es selbstständig rollt,
kann es seine Position wählen. - Baby neben einen Elternteil, nicht zwischen zwei Erwachsene oder Geschwister legen.
- Kühles, rauchfreies Zimmer (≈ 16–20 °C). Überhitzung vermeiden.
- Kein Alkohol, keine Drogen, keine extreme Erschöpfung. Bei Beeinträchtigung Baby separat schlafen lassen.
- Niemals mit Baby auf Sofa oder Sessel schlafen.
- Beistellbett oder Bettgitter erwägen. Bietet Nähe plus zusätzliche Sicherheit.
Co‑Sleeping mit älteren Babys und Kindern
Ab etwa zwölf Monaten sinkt das SIDS‑Risiko deutlich.
Kleinkinder haben mehr Muskelkontrolle und können sich selbst umpositionieren;
der Fokus verlagert sich von medizinischer Sicherheit hin zu familiären Vorlieben.
Rausfallschutz oder bodennahe Matratzen verhindern Stürze; leichte Bettwäsche vermeidet Verheddern.
Viele Familien genießen die Nähe sogar bis ins Vorschulalter und wechseln,
wenn das Kind – oder die Eltern – bereit sind.
und ziehen in ihrem eigenen Tempo ins eigene Bett um.
Foto © Unsplash / Tatiana Rodrigues
Mythen vs Fakten
- Mythos #1 „Bed‑Sharing ist immer gefährlich.“
- Fakt: Wer Rauchen, Alkohol, Drogen, Sofas und weiche Flächen ausschließt,
erreicht ein Risiko, das dem im Babybett ähnelt. Aufklärung schlägt Verbot. - Mythos #2 „Bed‑Sharing erhöht zwangsläufig das SIDS‑Risiko.“
- Fakt: Große britische Fall‑Kontroll‑Studien zeigen kein zusätzliches SIDS‑Risiko
für gestillte Säuglinge in sicheren Bed‑Sharing‑Settings. - Mythos #3 „Du rollst dich auf dein Baby und erstickst es.“
- Fakt: Überrollen ist bei nüchternen Eltern auf fester Matratze extrem selten;
fast alle Tragödien betreffen Sofas, Drogen oder extreme Müdigkeit. - Mythos #4 „Co‑Sleeping macht Kinder unselbstständig.“
- Fakt: Interkulturelle Studien zeigen, dass sicher gebundene Co‑Sleeper
häufig größere Unabhängigkeit entwickeln. - Mythos #5 „Flaschenernährte Babys können nicht sicher im Elternbett schlafen.“
- Fakt: Stillen bringt zusätzliche Schutzmechanismen, aber
auch Flascheneltern können sicher bed‑sharen, wenn sie alle Regeln strikt einhalten.
Fazit
Bed‑Sharing kann eine sichere, praktische und emotional bereichernde Schlaflösung sein,
wenn die richtigen Bedingungen erfüllt sind. Moderne Leitlinien in Großbritannien und Europa
legen den Fokus darauf, wie das Familienbett sicherer gemacht werden kann,
statt Eltern pauschal abzuraten. Ob Gitterbett, Beistellbett oder gemeinsame Matratze – entscheidend sind:
- Feste Fläche ohne Spalten
- Nüchterne, nicht rauchende Bezugspersonen
- Rückenlage, leichte Bettdecke, kühles Zimmer
- Strikte Vermeidung von Sofa‑/Sesselschlaf und Beeinträchtigungen
Befolge diese Prinzipien und vertraue deinem Bauchgefühl.
Mit Wachsamkeit und Liebe kannst du die Nähe einer gemeinsamen Nacht genießen
und gleichzeitig das Risiko minimieren. Gute Nacht – und sicheres Schlafen!
Referenzen & weiterführende Quellen
- NHS UK – „Reduce the Risk of Sudden Infant Death Syndrome (SIDS)“
- UNICEF UK Baby Friendly Initiative – Leitfaden „Co‑Sleeping and SIDS“
- The Lullaby Trust – Kampagne Safer Sleep Week
- Durham Infancy & Sleep Centre – Forschung von Prof. Helen Ball
- DGKJ – Sicherer Schlaf (Elterninformation)
- McKenna & McDade – Review zum Co‑Sleeping‑Kontrovers (Paediatric Respiratory Reviews)
- Dr Sarah Buckley – „Ten Tips for Safe Sleeping“








